Lieferketten unter Zerreißprobe – gibt es künftig noch Just-in-Time Lieferungen?

Apr 22, 2022 | Neuigkeiten

Die Lieferkette ist das Netzwerk, das den ununterbrochenen Transport von Waren vom Abgangsort zum Zielort gewährleistet. Wenn man die Weltwirtschaft als Warenkörper sieht, dann ist die Lieferkette der Blutkreislauf. Bei Bedarf wird jederzeit in der gewünschten Menge in der vorgegebenen Zeit, an den Warenkörper geliefert, ohne dass der Warenkörper ein Depot oder eine Reserve hält. Alleine die Geschwindigkeit der Bewegung lässt alles weiterlaufen. 

Dieses Prinzip der passenden und schnellen Lieferung nennt man Just-in-time. 

Was hat sich durch SARS-CoV-2 geändert?

Das Coronavirus greift nun genau in diesem Kreislauf, in die Lieferkette, wie in den menschlichen Körper ein. Die meisten Hersteller orientieren sich in der Fertigung inzwischen an der kostensparenden Just-in-time-Produktion und haben kein Lager mehr. Genau wie jeder Durchschnittsbürger nach Tagesbedarf einkauft, ohne einen Vorrat anzulegen. Denn wir sind gewohnt, alles immer und zu jeder Zeit zu bekommen. 

Auf Knopfdruck.

Aber…wenn der Knopfdruck nicht funktioniert – was dann? 

Dann stellen wir fest, dass ein Lager für die Weltwirtschaft genauso wichtig ist wie ein gewisses Maß an Hüftgold am eigenen Körper.

Weltwirtschaft als lebendiger Körper gesehen

Jeder Spitzensportler weiß, dass er nicht ständig immer völlig austrainiert sein darf und die Weltwirtschaft taumelt mit Just- in-time immer nahe an der Kante des Machbaren.  Einen guten Spitzensportler ist es bewusst das er nach erbrachter Höchstleistung eine Pause benötigt, damit sich sein Körper erholen kann. Bei der Weltwirtschaft wird so getan, als wäre das nicht so. Doch hinter jeden Warentransport steckt ein Mensch, ein Körper der außer Acht gelassen wird. Jedes Transportmittel wird durch Menschen fortbewegt, jede logistische Leistung wird auch durch Menschen erbracht. 

Der Einfluss von Waren- & Werkstoffmangel 

Was macht ein Hersteller, dem die Werkstoffe fehlen da er keine Lagerhaltung hat, wenn er längere Zeit nicht mehr produzieren kann?

Was macht ein Körper, dem die Nahrung fehlt und er längere Zeit keine Nährstoffe bekommt? 

Das sind Fragen denen man sich stellen muss. Wenn man das bedenkt, ist Lagerhaltung die günstigere Alternative. Es gibt Firmen, die haben die Lagerhaltung nie aufgegeben. Deshalb haben diese Firmen höhere Produktionskosten. Das zahlt der Käufer oder der Verbraucher mit.

Lagerhaltung birgt eine soziale Komponente, die den Wirtschaftskörper und damit auch unsere Gesellschaft am Leben hält. 

Der Einfluss der Produktionskosten

Für Erzeugnisse zahlen wir einen Preis. Den sogenannten Erzeugerpreis. Dieser beinhaltet die Erzeugerkosten + kalkulierter Gewinn damit der Hersteller/ Importeur / Lieferant überleben kann. Die Erzeugerpreise sind Anfang 2022 durchschnittlich um circa 25 % gestiegen. Einen großen Teil davon machen die Energiekosten aus. Geiz ist nicht geil. Wenn ein Lieferant nichts verdient, ist er weg vom Fenster. Ein guter Einkäufer kennt die Preise und weiß das. Ein schlechter Einkäufer versucht die Preise noch weiter zu drücken und tut so, als wenn die Gewinnmarge seines Gegenübers an Betrug grenzt. 

Der Einfluss der Energiekosten

Jeder der in der letzten Zeit nicht unter einem Stein gelebt hat, bekommt die Teuerung der 

Energiekosten mit. Spürt die gestiegenen Preise. Sieht, wie durch eine Tankfüllung das Geld aus seinen Portmanie tropft, sobald er zur Zapfsäule fährt und die Zapfpistole in den Tank führt. Die Preise tun weh. Sie sind schmerzhaft genau wie die Heizkosten.

Diese Teuerung wirkt sich auf alles aus. Auf die Transportkosten, die Produktionskosten und damit auf die Wirtschaftlichkeit jedes Unternehmens.

Jeder der heizt oder fährt oder Energie verbraucht um zu produzieren ist davon betroffen, egal ob Mensch oder Unternehmen.

China im Bezug auf die Lieferketten

Egal wie es betrachtet wird, China ist für die Weltwirtschaft ein Nadelöhr. Ein großer Teil der Lieferketten läuft über China, da dieses Land als Werkbank der Welt agiert oder agierte. 

Mit der Null Corona Politik klemmt China der Weltwirtschaft die Versorgungsflüsse ab. Die Werkbank liefert nicht mehr, verknappt künstlich die Rohstoffe wie seltene Erden und kommt bei der Energieversorgung dem eigenen Bedarf nicht hinterher. Daraus ergeben sich weitere Engpässe und verknappte Waren. Nun stößt China an seine Grenzen und es ist fraglich, ob die Null Corona Politik erhalten bleibt. Das wird sich zeigen. Zudem China auch andere Pläne für die Zukunft hat und nach Innovationen strebt.

Wird sich die Werkbank der Zukunft dezentralisieren? 

Das ist eine Chance auf weitere europäische Arbeitsplätze, wenn der Transport über weite Strecken komplizierter und teurer ist als ein Arbeitslohn. 

Gibt es auch Soziale Komponenten?

Wir verzichten auf viele soziale Errungenschaften. Freizeitheime, ausreichende Bezahlung beim Pflegepersonal, Chancengleichheit beim Studium und vieles mehr, immer mit der Argumentation, das ist nicht wirtschaftlich. Wer soll das bezahlen? 

Schon Douglas Adams erklärte 1979 das aussterben einer Zivilisation und die Geburt einer neuen mit der Abschaffung des Berufes des Telefondesinfizierers. 

Vielleicht ist „Per Anhalter durch die Galaxis“ eine schräge Fiktion dafür, dass die Abschaffung des Sozialen und mangelnde Kenntnisse über die Umgehungsstraßen unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Besonders wenn es immer weitere Umgehungstraßen zur Steuervermeidung großer Firmen gibt, während Sie die gemeinsame Infrastruktur vernutzen und die Fachkräfte, die hier mit Hilfe von Steuern herangezogen werden, abschöpfen.

Wer sich anpassen kann, hat Vorteile

Kleine und mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der Gesellschaft und bleiben dabei auf der Strecke. Die meisten Innovationen kommen durch die kurzen Entscheidungswege zustande. Sie bilden aus, zahlen Steuern, übernehmen soziale Verantwortung und halten mehr Menschen in Lohn und Arbeit als die Big Player. Dadurch hat ein kleineres und mittleres Unternehmen höhere Kosten und muss diese weitergeben. Die Konzerne hingegen kaufen oft nur auf. Verlangen Vergünstigungen und bezahlen im Verhältnis kaum Steuern. 

  • Ja! Wir sind genauso so ein Unternehmen! Wir machen unsere sozialen Hausaufgaben.
  • Wir bezahlen Steuern. Sind klein. Bilden aus. Haben ein großes Lager mit 3000 m² und bieten Corona bedingt Homeoffice an. 
  • Ja! Auch wir beklagen den Fachkräftemangel, nachdem uns größere Firmen Mitarbeiter abgeworben haben. Wir sind eine der vielen Firmen, denen es so geht! 

Nur wie sagte schon meine Oma? „Es ist wie es ist,“ einfach weitermachen … und für die Zukunft noch ein Glas saure Gurken mehr einwecken!

Suche

Beliebte Beiträge